Seven Deadly Sins

08/09/2022 - 26/11/2022


Zilberman | Berlin freut sich, die Einzelausstellung Seven Deadly Sins von Simon Wachsmuth anzukündigen.
 

Simon Wachsmuths Arbeiten erforschen kulturelle und historische Bezugssysteme und Narrative, die oftmals mit der Geschichte des Nahen Ostens und Ostasiens verbunden sind. In Seven Deadly Sins, seiner dritten Einzelausstellung in der Galerie Zilberman, zeigt Wachsmuth erstmals Arbeiten, die von seinem derzeitigen Wohn- und Arbeitsort in Berlin ausgehen. Indem er das Thema des Krieges in Verbindung mit öffentlicher und privater Geschichte aufgreift, zeigt Wachsmuth, wie Machtstrukturen unsere Vorstellung von Geschichte und unserer Umwelt prägen.
 

Saligia ist eine Gruppe von Bronzeabgüssen von menschlichen Armen. Sie beziehen sich auf Skulpturen, die wir von öffentlichen Denkmälern kennen und die historische Figuren darstellen. Die Arme sind vom Körper abgetrennt, wie Überreste antiker Bronzestatuen. Gleichzeitig verweisen die Körperfragmente auf das erste Opfer des Krieges: den menschlichen Körper, der durch Gewalt zerrissen wird. Die Armbinden wurden den skulpturalen Darstellungen hinzugefügt, um Aspekte einer politischen Geschichte zu erfassen und die komplexe Beziehung zwischen den Menschen und den Insignien der Macht darzustellen. In Zeiten des Notstands und der Not werden Armbinden verwendet, um Menschen zu unterscheiden, im Guten wie im Schlechten. Die groben Armbinden aus Segeltuch sind an den Armen befestigt und hängen über einer bühnenartigen Plattform. Tyrannei steht auf einer roten Binde geschrieben und hebt sich von den sieben Sünden ab, die auf Weiß geschrieben sind. Zorn, Faulheit und Gier stehen auf den anderen Armbändern, die an den Armen befestigt sind, festgehalten in der ebenso unheimlichen wie beruhigend wirkenden Geste eines Griffs. Der Künstler schlägt eine neue Lesart dieser Begriffe vor, indem er sie nicht nur als menschlich, sondern sogar als wesentlich für die Herbeiführung von Veränderungen betrachtet. Die Beziehung zwischen den sieben Todsünden und der Idee der Tyrannei, zwischen Machtverhältnissen und ihren Opfern, wird in diesem Werk erforscht.
 

Genius Malignus ist ein Begriff, der auf René Descartes zurückgeht. Der Titel bezieht sich auf einen Gedanken dieses Philosophen aus dem 17. Jahrhundert: Egal, wie sehr man die Welt betrachtet und glaubt, sie zu verstehen, gibt es immer einen bösen Geist, der einen davon überzeugt, dass die Welt anders aussieht. Deshalb muss man seinen eigenen Beobachtungen misstrauen. Wachsmuths raumgreifendes Werk besteht aus einer Ansammlung von Buchseiten mit fotografischen Abbildungen. Die Bilder stammen aus einer bekannten Dokumentation der Aufführung von Mutter Courage und ihre Kinder, einem Stück, das in den 1930er Jahren von dem Theaterpraktiker, Dramatiker und Dichter Bertolt Brecht unter maßgeblicher Mitwirkung von Margarete Steffin geschrieben wurde. Das Stück spielt während der Zeit des Dreißigjährigen Krieges, in der sich einige der politischen Strukturen, die wir heute in der Politik kennen, herauszubilden begannen. Simon Wachsmuth überarbeitet die Abbildungen und fügt den Bildern feine Schnitte zu, wobei er die Schauspieler durch eine wiederkehrende Geste an eine unsichtbare Kraft bindet, die die Frage des Determinismus unterstreicht und sie mit dem zuvor beschriebenen Werk Saligia verbindet.
 

Als dritte Arbeit in der Ausstellung zeigt Simon Wachsmuth die Dokumentation von Ich arbeit, ich raube Tag und Nacht (2021), eine Performance, die zu Füßen einer Skulptur in Berlin inszeniert wurde, die den Schriftsteller Heinrich von Kleist darstellt. Die Performance basiert auf der Erfahrung schwerer Unruhe, sowohl im Leben Heinrich von Kleists, als auch Else Lasker-Schülers. Wachsmuth verbindet die Geschichte der beiden Schriftsteller mit der eigenen Erfahrung von Existenzangst, indem er die Nacht zu Füßen der Skulptur auf einer Rot-Kreuz-Decke verbringt und über den sozialen Fortschritt und die immer noch ungelöste problematische wirtschaftliche Situation der Kulturschaffenden nachdenkt. Es ist nicht verwunderlich, dass dieses Werk im Gefolge der Corona-Pandemie entstanden ist, einer Zeit, in der die soziale Unsicherheit im Mittelpunkt der öffentlichen Diskussion stand. Die Lesung einer Auswahl von Briefen und eines Textes wurde in Form einer Audioaufnahme festgehalten. Die Performance war Teil des Projekts Restless Monuments, das von der Kuratorin Bettina Klein initiiert wurde.
 

Das letzte Werk in der Ausstellung ist eine Videoskizze – der erste Teil einer im Entstehen befindlichen Arbeit. Preussischer Erzengel ist der Titel eines Werkes von John Heartfield und Rudolf Schlichter, die im ersten Dada-Salon 1920 in Berlin gezeigt wurde. Die Künstler hängten eine Puppe in Militäruniform von der Decke, die ein Schild mit einem Verweis auf das ehemalige Flugfeld Tempelhofer Feld in Berlin trug. Das Werk, wie auch die Dada-Bewegung im Allgemeinen, ist vom antimilitaristischen Impetus der Nachkriegszeit geprägt. Wachsmuths Arbeit Hoch vom Himmel komm ich her versucht, die unterschiedlichen Bedeutungen darzustellen, die das Tempelhofer Feld in Berlin im Laufe der Zeit hatte: von einem militärischen Übungsplatz und Zentrum der Nazi-Politik zu einem Ort, der mit Freiheit assoziiert wird. Die Arbeit wird Teil eines größeren Film- und Installationsprojektes sein. 
 

Zu Seven Deadly Sins erscheint ein Katalog mit Texten Bettina Klein, Lotte Laub und Simon Wachsmuth.
 

Zilberman freut sich, während der Ausstellung eine Performance in Zusammenarbeit mit der Komponistin Laurie Schwartz und ITINERANT INTERLUDES zu präsentieren. Eine Ankündigung wird folgen.
 

Simon Wachsmuth (geb. 1964) studierte Malerei und visuelle Mediengestaltung an der Universität für angewandte Kunst in Wien. Er lebt und arbeitet in Berlin. Seine Arbeiten wurden auf der documenta 12 in Kassel (2007), der Istanbul Biennale (2009), der Busan Biennale (2012) sowie bei Suzhou Documents in Suzhou/China (2016) und der Macao Biennale (2021) in China gezeigt. Seine Arbeiten wurden in Ausstellungen wie Georges Didi-Huberman’s Ausstellung Atlas im Museo Reina Sofia in Madrid und im ZKM in Karlsruhe, in body luggage, migration of gestures, kuratiert von Zasha Colah beim Steirischen Herbst in Graz, Österreich sowie in And Berlin Will Always Need You im Gropiusbau in Berlin, kuratiert von Natasha Ginwala und Julienne Lorz, gezeigt. Außerdem wurden seine Werke im Museo Serralves in Porto, Museé de Valence, CAAC in Sevilla, Neues Museum Nürnberg, Kunsthaus Dresden, Kunstmuseum Vaduz/Liechtenstein, Museum für Gegenwartskunst in Siegen, Museum Belvedere in Wien, Marino Marini Museum in Florenz und der Fondazione Sandretto Re Rebaudegno und dem Ägyptischen Museum in Turin gezeigt.


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