When I See The Future, I Close My Eyes: Chapter II
01/05/2022 - 30/07/2022
Zilberman | Berlin freut sich, die Soloausstellung When I see the future, I close my eyes: Chapter II von Heba Y. Amin und kuratiert von Anthony Downey anzukündigen.
Heba Y. Amin's forschungsbasierte Praxis schlägt spekulative, oft satirische Ansätze vor, mit denen sie untersucht, wie verschiedene Technologien der Kolonisierung durch Ideale des 'Fortschritts' vorangetrieben wurden. Mit interdisziplinären und performativen Methoden zeigt When I see the future, I close my eyes: Chapter II eine Reihe von Arbeiten, die die politischen Bedingungen dieser Technologien reflektieren und die Art und Weise, wie sie zeitgenössische Rahmen der Repräsentation definieren.
Ausgehend von der Geschichte der ersten bekannten Fotografie, die 1839 auf dem afrikanischen Kontinent aufgenommen wurde, befasst sich die Ausstellung mit der Geschichte des maschinellen Sehens als Mittel zur Förderung der politischen und diskursiven Ambitionen der kolonialen Ausbeutung. Windows on the West (2019), eine gewebte Rekonstruktion der Fotografie eines französischen orientalistischen Malers, zeigt die Außenansicht des Haremspalastes von Muhammad Ali Pascha in Alexandria. Obwohl das Bild nichts Erotisches an sich hatte, erregten seine erfundenen sexuellen Implikationen das damalige Pariser Publikum. Das Originalfoto, auf dem diese Arbeit basiert, wurde zum Sinnbild für die Herrschaft Frankreichs über ein Gebiet durch die Unterwerfung der nordafrikanischen Frauen. Indem dieser historische Kontext neu inszeniert wird, untersucht Windows on the West (2019), wie die extraktiven Technologien des kolonialen Blicks aus seiner strukturellen Logik heraus überdacht werden können.
Auch The Devil‘s Garden (2019 – laufend) blickt auf die Dominanz über ein Territorium und wie die materielle und immaterielle Inbesitznahme zu fortdauernder kolonialer Gewalt führt. In dem Projekt geht es um das deutsche Afrikakorps und seine andauernde Präsenz in Nordägypten. Während des Zweiten Weltkriegs wurden in al-Alamein Millionen von Landminen von Erwin Rommels Armee gelegt. Bei ihren Recherchen und Feldforschungen in einer der am stärksten verminten Regionen der Welt stieß Amin auf eine eigenartige Pyramide, die von der Luftwaffe zum Gedenken an einen deutschen Jagdflieger des Zweiten Weltkriegs errichtet wurde. Indem sie eine Nachbildung des Denkmals aus der Nazi-Zeit schuf und nach Deutschland zurückbringt, kehrt die Künstlerin den historischen Rahmen dieser Ereignisse um und konzentriert sich darauf, wie die europäische Propaganda, insbesondere durch Mainstream-Filme, weiterhin die Verantwortung für die Techno-Fossilien leugnet, die nach der kolonialen Gewalt zurückbleiben.
Amins neuestes Werk in dieser Ausstellung setzt sich mit den französischen Atomexperimenten in Algerien und den weitreichenden Auswirkungen des radioaktiven Niederschlags auseinander. Eine eindringliche Fotografie aus dem Jahr 1960 zeigt zwei Reihen menschenähnlicher Figuren, die in der algerischen Wüste auf die Detonation einer Atombombe warten. Durch ein Miniaturmodell und eine Live-Fotorekonstruktion des Originalbildes fängt Atom Elegy (2022) die Vorahnung der bevorstehenden nuklearen Gewalt in Echtzeit ein. Das katastrophale Bild nuklearer Zerstörung, ein wirkmächtiges Symbol der Hybris der Moderne, wird als Zeugnis sowohl des kolonialen Erbes territorialer Zerstörung gesehen als auch des neokolonialen Willens, die Zukunft zu bestimmen.
Ausgehend von Heba Y. Amins gleichnamiger Soloausstellung 2020 in den Mosaic Rooms in London, ebenfalls von Anthony Downey kuratiert, ist When I see the future, I close my eyes als kollaborative Plattform angelegt, die das Kunst- und Ausstellungsmachen als Methodik für neue und weiterführende Forschungen untersucht und den Diskurs über aufkommende Formen des digitalen Autoritarismus und die postdigitale Zukunft der technologischen Kriegsführung öffnet. Im Verlauf der Ausstellung werden Inhalte publiziert, die sich aus den Themen ergeben, mit denen When I see the future die Geschichte der Technologie und ihre Rolle, wie sie die westliche Bildlichkeit prägt, reflektiert.
Heba Y. Amin ist Professorin für digitale und zeitbasierte Kunst an der ABK-Stuttgart, Mitbegründerin des Black Athena Collective, Kuratorin für visuelle Kunst für die Zeitschrift MIZNA und sitzt derzeit im Redaktionsbeirat des Journal of Digital War. Sie wurde mit dem Sussmann Artist Award 2020 ausgezeichnet, der sich für die Ideale von Demokratie und Antifaschismus einsetzt, und wurde als Field of Vision Fellow, NYC (2019) ausgewählt. Amins Arbeiten wurden in zahlreichen Ausstellungen gezeigt, darunter bei The Mosaic Rooms, London (2021), Preisausstellung Böttcherstraße, Bremen (2018), Eye Film Museum, Amsterdam (2020), Quai Branly Museum, Paris (2020), MAXXI Museum, Rom (2018), Liverpool Biennale (2021), 10. Berlin Biennale (2018), 15. Istanbul Biennale (2017) und 12. Dak'Art Biennale (2016). Ihre jüngste Publikation, Heba Y. Amin: The General's Stork, hrsg. v. Anthony Downey, wurde bei Sternberg Press (2020) veröffentlicht. Über ihre Werke und Interventionen haben u.a. die New York Times, The Guardian, the Intercept und BBC. berichtet Darüber hinaus ist Amin eine der Künstlerinnen hinter der subversiven Graffiti-Aktion am Set der Fernsehserie Homeland, die weltweites Medieninteresse fand.
Anthony Downey ist Professor für visuelle Kultur im Nahen Osten und in Nordafrika (Birmingham City University). Er ist kultureller Leiter und Co-Investigator des vierjährigen, vom AHRC finanzierten Forschungsprojekts, das sich mit kulturellen Praktiken, Bildung und Inklusion im Libanon, in Palästina und Jordanien beschäftigt (2020-2024). Er ist Mitglied der Redaktionsausschüsse von Third Text, Digital War und Memory, Mind & Media und ist Herausgeber der Reihe Research/Practice (Sternberg Press, 2019). Derzeit recherchiert er für seinen in Kürze erscheinenden Band Unbearable States: Digital Media and Cultural Activism in a Post-Digital Age (2023).
>Round Table Discussion
>Conversation between Heba Y. Amin & Anthony Downey
Articles about the exhibition
Ocula 'Heba Y. Amin and Maja Figge on Colonial Erasures in Postwar German Film', IN PARTNERSHIP WITH ZILBERMAN GALLERY, In Conversation, Berlin, 10 August 2022
Arab News, 'Egyptian artist Heba Y. Amin questions colonial narratives in new Berlin exhibition', Iain Akerman, 15 July 2022
Third Text, 'Programmed Visions and Techno-Fossils: Heba Y Amin and Anthony Downey in conversation', 21 July, 2022
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- Heba Y. Amin